
Mit Vollgas ins neue Ich – Wie Daniel Kapeller mit Disziplin und Leidenschaft durchstartete
Wir haben mit RAN-Starter Daniel Kapeller gesprochen – einem Athleten, der vor ein paar Jahren die Reißleine gezogen und seinen kompletten Lebensstil auf den Kopf gestellt hat. Seitdem dreht sich bei ihm alles um Struktur, Fokus und Fortschritt. Im Interview erzählt er, wie er beim Training klare Prioritäten setzt, warum mentale Stärke oft den Unterschied macht – und wie ihn kritische Stimmen aus dem Umfeld nur noch mehr motivieren, an sich zu arbeiten.
Doch Daniel ist nicht nur auf der Rennstrecke aktiv: 2025 organisiert er mit seinem Team Wagram Cycling zum bereits fünften Mal das Sturmkriterium, ein Rennen, das definitiv in keinem Rennkalender fehlen sollte.
Wie hat deine Reise begonnen? Was war der Auslöser dafür, dein Leben zu verändern?
Ich war schon in jungen Jahren tief im Radsport verwurzelt – zuerst etwas Triathlon, dann Duathlon und schließlich in einem Rad-Team mit schon sehr professionellem Training. Dann kam die berufliche Komponente dazu, mit vielen Projekten im In- und Ausland, wodurch der Radsport ins Hintertreffen geriet. Familie, Haus-Aus und -Umbau – für 10 bis 15 Jahre war einfach keine Zeit und Priorität für Sport.
2019 änderte sich das: Ich hatte im Job seit einigen Jahren wieder vollen Fokus als Vertriebsleiter in Österreich, wodurch ich nur noch innerhalb des Landes reisen musste und ein überragendes Team rund um mich aufstellen konnte. Ich hatte dadurch wieder mehr Zeit für meine sportlichen Aktivitäten. Natürlich steht auch die Familie dahinter – ich habe vier Kinder, die nun auch aus dem Alter raus sind, in dem sie noch nicht selbst äußern konnten, was sie wollen. Dadurch ist einfach ein bisschen mehr Zeit da ist, auch die Prioritäten bei den eigenen Hobbys höher anzusetzen.
Meine erste Herausforderung war 2019 ein Trainingslager in Teneriffa, wo ich noch 118kg wog. Die beiden Veranstalter und Guides Robert Petzold und Thomas Hofmeister haben mich von oben bis unten angeschaut und gefragt, was ich eigentlich hier möchte und, dass ich so niemals die Berge hochkommen werde. Diese Zweifel haben mich umso mehr motiviert, sodass ich extrem über meine Grenzen gegangen bin. Thomas Hofmeister hat sich dann auch ganz rührend um mich gekümmert und gemerkt, dass ich das wirklich ernst meine und will. Das war der Startschuss, dass ich wieder konsequent an die Sache rangegangen bin.
Hattest du damals ein bestimmtes Ziel vor Augen, als du gestartet hast?
Ich hatte 2021 und 2022 eine Amateur-Lizenz, wobei aber das oberste Ziel die Gewichts-Reduktion war. Mir wurde da sehr schnell klar, dass ich hier nichts verloren habe, da das Niveau bei den Amateuren einfach enorm ist und ich absolut zu schwach war. Das Wissen, dass der Sport nur ein ganz kleiner Teil einer solchen Reduktion bzw. Transformation ist, hatte ich zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht so wirklich. Ich wollte wieder in ein normales Gewichts-Level kommen, weshalb das erste Ziel 90kg waren. Als ich das erreicht habe, habe ich natürlich den nächsten Schritt gemacht. Dann habe ich schon sehr bald das RAN ins Auge gefasst, weil alle gesagt haben „Du spinnst“ oder „Das schaffst du nie“. Für mich war das dann das Ziel, wo ich dachte, ich muss es irgendwie zeigen, dass ich es eben schon schaffe. Die Ziele waren also eigentlich immer sehr fremdgesteuert. Meine Motivation war aber umso größer, wenn andere nicht daran geglaubt haben.
Gab es mentale Hürden oder Rückschläge auf deinem Weg?
Ich hatte einige Trigger-Punkte von früher im Kopf, wodurch ich wusste, wenn es einmal ein Tief gibt: Das vergeht und man kommt auch wieder heraus. Man muss einfach nur die Zeit und Geduld haben, das abzuwarten. Was ich in den letzten Jahren gelernt habe und auch Leuten sage, die fragen, wie ich das alles geschafft habe: Du brauchst ein Ziel, das dir so viel wert ist, dass du alles andere unterordnest. Wenn du das schaffst, überstehst du auch jedes Tief.
Für mich ist zum Beispiel das RAN ein Ziel, dem ich alles unterordne. Familie und Beruf sind auf gleicher Ebene, aber alles andere ist untergeordnet. Angefangen beim Essen und Trinken bis hin zu Urlauben, die danach geplant werden. Wenn man ein Ziel nicht so hoch priorisieren kann, dann wird man in schwierigen Momenten schwach und fragt sich auch, wofür mache ich das alles eigentlich? Oft kommen Vereinskollegen zu mir mit der Aussage „Ich bin ja so ein Genussmensch und dann gab es einen Anlass und ich habe dann ein Bier getrunken“, was mir persönlich schwerfallen würde. Natürlich fällt es auch mir nicht immer leicht, Nein zu sagen! Aber wenn das Ziel klar ausformuliert ist und in der Priorität ganz oben steht, schafft man es auch, Nein zu sagen und zu verzichten. Die Belohnung und das nicht mehr so konsequente kann dann ja nach dem Rennen mal wieder kurz Überhand nehmen.
Wie bist du damals auf das RAN gekommen?
Ich glaube ich habe über Facebook davon gehört und hatte noch nie etwas mit dem Ultra-Radfahren zu tun, da ich bis dahin nur bei Lizenz-Rennen und verschiedenen Marathons dabei war. Dann dachte ich mir, das ist was cooles, ich bin für mich alleine zuständig und muss nicht taktisch Radfahren, sondern nur über eine gewisse Zeit meine Leistung abrufen. Beim ersten Mal habe ich mich im Jänner angemeldet, bin dann im Mai gestartet und hatte noch keine 2000km in den Beinen. Dementsprechend war natürlich auch das Ergebnis, weil wir noch zwei Schlafpausen eingelegt hatten und so circa 28h gebraucht haben. Wir waren also knapp in der Karenzzeit und das war eigentlich total frustrierend. Aber wir haben extrem viel gelernt.
Sicher konntest du dich aber trotzdem sehr freuen, als du die Ziellinie überquert hast?
Ja, sicher. Wir, also das ganze Team, haben uns extrem gefreut. Das Ziel war gar keine bestimmte Zeit, da wir nicht wussten, ob es überhaupt möglich ist, sondern das Finishen in der Karenzzeit. Und das haben wir geschafft. Natürlich war die Freude zu diesem Zeitpunkt dementsprechend groß.
Welchen Tipp würdest du anderen Startern geben, die das erste Ultra-Rennen vor sich haben?
Unser größter Fehler war, dass wir dachten, man muss in diesen knapp 24h schlafen und haben zwei Pausen dafür eingeplant. Eigentlich ist das gar nicht notwendig, hat uns aber zwei oder drei Stunden gekostet und war völlig wertlos, wahrscheinlich sogar kontraproduktiv, da es danach nur schwerer war, wieder ins Pedalieren zu kommen.
Der zweite große, wenn nicht sogar der größere Fehler war, dass wir uns gar nicht mit der Ernährung beschäftigt haben. Wir hatten ein paar Riegel, Salztabletten und Gels dabei. Bei so einem langen Rennen sollte das die höchste Priorität sein, dass man sich gut und ausreichend verpflegt. Dafür hätten wir uns im Vorhinein viel mehr Zeit nehmen sollen, das zu testen.
Gibt es besondere Etappen oder Momente des kommenden RAN’s, auf die du dich besonders freust – oder vor denen du Respekt hast?
Das Schwierigste werden sicher wieder die langen Geraden mit den Ampeln in Wiener Neustadt, wenn man andauernd stehen bleiben muss. Das ist um 03:00 oder 04:00 Uhr in der Früh, da ist das schon sehr zermürbend. Wenn es dann auf den Semmering raufgeht, fängt das ganze wieder an Spaß zu machen. Ein zweiter Punkt ist das Yspertal auf den letzten circa 100km, da weiß man, man hat es bald geschafft, aber es kommen noch viele harte, kleine Anstiege, die nach 400-500km extrem weh tun. Das versuchen wir dieses Jahr auch ernährungstechnisch mit den Produkten von „No Carbs, No Glory“ besser zu steuern. In den Trainingsphasen hat das super funktioniert, auch im Vergleich zu den letzten Jahren. Ich habe gemerkt, dass auch die Regeneration dadurch viel schneller geht, also sind wir dieses Jahr schon sehr gut vorbereitet. Aus diesem Grund hoffe ich, dass wir gegen Ende noch etwas herausholen und unsere Zielsetzung, deutlich unter 20h zu bleiben, erreichen können.
Du kannst also die Erfahrungen aus den letzten Jahren mitnehmen und dich wieder genauso auf das RAN freuen?
Auf jeden Fall. Seit einem Jahr hat das RAN oberste Priorität. Ohne dieses Ziel würde ich sicher nicht rund sechs Mal pro Woche Rad fahren und hunderte Stunden dafür trainieren.
Haben sich die Reaktionen, die du auf deine Entwicklung erhältst, verändert?
Anfangs gab es viele skeptische Stimmen – Aussagen wie „Das wird nichts“ oder „Das schaffst du nie“ waren keine Seltenheit. Mittlerweile hat sich das Bild gewandelt: Einige zeigen Anerkennung und freuen sich mit mir, wenn ich bei solchen Events starte. Andere reagieren eher zurückhaltend – vielleicht, weil sie sich mit ihrer eigenen Disziplin oder Zielstrebigkeit konfrontiert sehen. Ich nehme das nicht persönlich. Letztlich überwiegen die positiven Rückmeldungen, und das motiviert mich zusätzlich.
Was motiviert dich auch abseits des RAN’s diesen Trainingsumfang aufrecht zu erhalten?
Ich habe noch einige kleinere Rennen auf dem Plan und bleibe definitiv am Ball. Was die Zukunft bringt, wird sich zeigen. Zunächst warte ich meine Platzierung beim RAN ab – daraus ergeben sich vielleicht neue Möglichkeiten. Aber unabhängig davon: Der Sport ist mittlerweile ein fester Bestandteil meines Alltags geworden – nicht nur wegen der Wettkämpfe, sondern weil er mir Struktur, Energie und Ausgleich gibt.




